Die Regelung

Mit der Grenzziehung von 1920 wurden die äußeren Bedingungen für die deutsche und dänische Minderheit geschaffen, die wir sie heute kennen. Gleichzeitig wurde auch der Grundstein für die Minderheitenregelung gelegt, die trotz erheblicher Schwankungen im außenpolitischen Verhältnis stets den Rahmen für die Tätigkeiten der Minderheiten ausmachte, und die mit den Bonn-Kopenhagener-Erklärungen 1955 ihre endgültige Form fand.
Die beiden - in ihren Formulierungen genau aufeinander abgestimmten - Regierungserklärungen beginnen beide mit einem Passus, der den Wunsch ausdrückt, das freundschaftliche Zusammenleben der Bevölkerungen auf beiden Seiten der deutsch-dänischen Grenze sowie das freundschaftliche Verhältnis der beiden Staaten fördern zu wollen.  In der Einleitung wird weiterhin auf Artikel 14 der europäischen Konvention für Menschenrechte und die Erklärungen der beiden Staaten von 1949 (die Kieler-Erklärung und das Kopenhagener Protokoll) verwiesen.  Danach folgt eine Aufzählung der bürgerlichen Freiheitsrechte, die in den Verfassungen der beiden Staaten festgelegt sind, mit einem ausdrücklichen Verweis darauf, dass diese Rechte auch für alle Personen gelten, die der dänischen bzw. der deutschen Minderheit angehören.

Als Konsequenz aus diesen Rechtsprinzipien stellen die Erklärungen fest, dass das Bekenntnis zur dänischen bzw. deutschen Nationalität und Kultur "frei ist und nicht von behördlicher Seite bestritten oder kontrolliert werden darf." Personen, die den beiden Minderheiten und deren Organisationen angehören, dürfen nicht daran gehindert werden, die Sprache zu nutzen, die sie bevorzugen - dies gilt für Wort und Schrift.  Gegenüber den Gerichten und den Verwaltungen richtet sich die Sprache nach geltendem Recht. Die beiden Erklärungen stellen weiterhin das Recht der dänischen bzw. deutschen Minderheit fest, deren religiösen, kulturellen und fachlichen Verbindungen mit Dänemark bzw. Deutschland zu pflegen, sowie das Recht der Minderheiten, eigene Schulen und Kindergärten einzurichten. Gemäß den beiden Erklärungen muss auch angemessen dafür gesorgt werden, dass die beiden Minderheiten die Möglichkeit bekommen, das Radio zu nutzen und öffentliche Bekanntmachungen in eigenen Zeitungen zu veröffentlichen. Schließlich erhalten die Minderheiten eine Zusage, dass in kommunalen Ausschüssen nach geltendem Recht Rücksicht auf ihre Vertretung genommen wird, sowie dass bei der Zuteilung von öffentlichen Leistungen nach freiem Ermessen keine Unterschiede gemacht werden zwischen Personen, die den Minderheiten angehören, und den übrigen Staatsbürgern.

In einem Zusatzprotokoll gab die deutsche Bundesregierung die Zusage, dass die Bestimmung zu Gunsten nationaler Minderheiten im § 9 Absatz 5 im Bundestagswahlgesetz vom 8.7.1953 in zukünftigen Gesetzen auf diesem Gebiet bewahrt wird. Die Bestimmung war eine Neuschaffung, die den nationalen Minderheiten die Möglichkeit gab, für das Bundesland, in dem sie ansässig sind, im Bundestag vertreten zu sein. Sie müssen für Ihren Kandidaten lediglich die durchschnittliche Stimmenanzahl für ein Bundestagsmandat ihres Bundeslandes erzielen können. 

Ebenso wichtig war eine Zusicherung der Bundesregierung, dass der schleswig-holsteinische Landtag im Schleswig-holsteinischen Landtagswahlgesetz zu Gunsten der dänischen Minderheit schnellstmöglich eine Ausnahmeregel von der 5 %-Klausel im schleswig-holsteinischen Landtagswahlgesetz einführen würde. Am 23.5.1955 beschloss der schleswig-holsteinische Landtag die 5 %-Klausel für nationale Minderheiten aufzuheben. Zukünftig musste die dänische Minderheit nur noch die Stimmenanzahl für ein Mandat erreichen, um im Landtag zu sein. Dies stimmte mit der Praxis überein, die die deutsche Minderheit seit 1920 bei Wahlen zum Folketing nutzen konnte.

Weiterhin wurde im Zusatzprotokoll zu den Kopenhagen-Bonn-Erklärungen die Zusage zu einer Regelung bezüglich der Zuschüsse zu den dänischen Schulen gegeben. Die Minderheit bekam ebenfalls das Recht, weiterführende Schulen einzurichten, an denen anerkannte Abschlüsse erlangt werden können. Von dänischer Seite gab es die Zusage, dass die deutsche Minderheit eine entsprechende Genehmigung erhalten würde. Damit wurde die Grundlage dafür geschaffen, dass an der Duborg-Skolen in Flensburg und an einem neuen deutschen Gymnasium in Apenrade das Abitur erlangt werden kann.

Danach wurden die zwei Erklärungen über die allgemeinen Rechte der dänischen und der deutschen Minderheit vom Bundestag (6.7.1955) und vom Folketing (19.4.1955) anerkannt.
Mit den Kopenhagen-Bonn-Erklärungen baute die deutsch-dänische Minderheitenregelung auf freiwilliger Gegenseitigkeit und erkannte die gegenseitige Verantwortung - auch auf dem finanziellen Gebiet - für die kulturellen Entfaltungsmöglichkeiten der beiden Minderheiten an.

Mit der neuen Verfassung von Schleswig-Holstein wurde diese Verantwortung 1990 weiter gefestigt.

In Artikel 5 steht geschrieben, dass das Bekenntnis zu einer nationalen Minderheit frei ist, den einzelnen Bürger jedoch nicht von seinen allgemeinen Staatsbürgerpflichten befreit. Die kulturelle Selbstständigkeit sowie das politische Mitwirken von nationalen Minderheiten und Volksgruppen stehen unter dem Schutz des Landes, der Gemeinden und der Gemeindeverbände. Es steht explizit geschrieben, dass die dänische Minderheit und die friesische Volksgruppe "Anspruch auf Schutz und Förderung" haben. 

Diese Rahmen-Bedingungen sind auf beiden Seiten der Grenze um mehreren Initiativen zu Gunsten der jeweiligen Minderheit ergänzt worden.

Die deutsch-dänische Minderheitenregelung hat internationales Interesse geweckt. Dementsprechend wird die deutsch-dänische Regelung bei internationalen Konferenzen u.ä. über Minderheitenfragen oft erwähnt. Viele, oft osteuropäische Politker, darunter Vertreter der nationalen Minderheiten und der Mehrheitsbevölkerungen, haben in den Jahren nach 1989 zahlreiche Besuche im dänisch-deutschen Grenzgebiet durchgeführt, um mehr über die Regelung zu erfahren. Dänemark und Deutschland haben im Bewusstsein der besonderen Bedeutung ihrer Minderheitenregelungen 1996 gemeinsam das European Center for Minority Issues (ECMI) in Flensburg gegründet.

Die positive Entwicklung der Minderheitenpolitik wurde 2010 überschattet, als die schleswig-holsteinische Landesregierung als Teil des Sanierung des Landeshaushaltes die 1985 eingeführte Gleichstellung der Schulen der dänischen Minderheit aufhob, und den Schülerzuschuss von 100% auf 85% der Durchschnittskosten öffentlicher Schulen reduzierte. Das entsprach einer Kürzung des Zuschusses um 4,7 Mio. Euro.

Der Entschluss löste eine Krise zwischen der dänischen Minderheit und der Landesregierung aus. Das hatte zur Folge, dass die dänische Regierung und die deutsche Bundesregierung zum ersten Mal seit 1955 beide intervenierten, um die Aufrechterhaltung der Minderheitenpolitik zu gewährleisten. Im Ergebnis gewährte die Bundesregierung den dänischen Schulen in südschleswig für 2011 einen Zuschuss in Höhe von 3,5 Mio. Euro.

Die dänische Regierung betonte von Anfang an, dass eine volle Gleichstellung im Minderheitenbereich ein zentrales Prinzip sei, und dass Dänemark der deutschen Minderheit eine hundertprozentige Gleichstellung im Schulwesen gewährt hat. Im Jahre 2012 wurde die Gleichstellung der Schulen der dänischen Minderheit im Lande Schleswig-Holstein wieder eingeführt.

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